
Die Alte-Musik-Bewegung ist quicklebendig, auch wenn sich die Begrifflichkeit geändert hat und man heute eher von „informierter Aufführungspraxis“ spricht. Das Ensemble Concierto Ibérico unter seinem Leiter Juan González Martínez hat sich in seiner neuen Produktion „Fandango Inspiración“ auf die Reise in die Vergangenheit gemacht und Schätze aus der Tanzmusik des 16. bis 18. Jahrhundert für uns gehoben.
Der Fandango, im 18. Jahrhundert der Tanz der iberischen Halbinsel, in dem sich orientalische, nordafrikanische und südamerikanische Einflüsse finden, ist ein durchaus körperbetonter Tanz, der – sehr zum Leidwesen der prüderen Zeitgenossen und der katholische Kirche – in allen Gesellschaftsschichten beliebt war, ein Ausdruck purer Lebens- und Liebesfreude!
Kein Wunder, dass die Komponisten jener Zeit sich aus dieser nicht versiegenden Quelle bedienten: Neben eher unbekannteren Komponisten wie José de Nebra Blasco, Padre Antonio Martín y Coll oder Juan Bautista Cabanilles waren das Gaspar Sanz, Andrea Falconiero, Luigi Boccherini, Jean Philippe Rameau oder Santiago de Murcia und auch Antonio Soler.
Wer schmuggelt diese Kompositionen in unsere Zeit? Die wunderbaren Musiker des Concierto Ibérico: Inés Pina Pérez entlockt ganz unterschiedlichen Blockflöten sanfte Melodiebögen, Juan González Martínez, der das Ensemble leitet, bläst scheinbar mühelos unterschiedliche Posaunen, Miguel Bellas erzeugt mit der Gitarre bzw. Theorbe rasante Läufe, Lea Suter formuliert auf ihrem 16-Fuß-Cembalo einen dichten Teppich an gezupften und tiefen (!) Tönen und Peter Kuhnsch erfreut uns mit einer niemals aufdringlichen, aber immer punktgenauen Perkussion.
Auf dieser musikalischen Reise in die Vergangenheit kommt nie Langeweile auf, weil die Mischung stimmt: Hier die Zarabanda von Gaspar Sanz, dort der aufregende Fandango als Austausch mit Posaune, Gitarre und Perkussion von Santiago de Murcia. Die Sonate K 492 von Scarlatti verdeutlicht den Tonumfang des großen Cembalos. In meinem Lieblingsstück von Luigi Boccherini, natürlich auch ein Fandango, erklingen dann alle Instrumente, und wie! Solch ein Hörerlebnis gibt es nur bei Musikern, die Meister ihres Faches sind, sich aber jederzeit dem gewünschten Gesamtklang des Ensembles unterordnen.
Wie schön, dass es ein dreisprachiges Booklet gibt, das ausgesprochen gut gestaltet ist und uns ausführlich erklärt, wie es zu dieser Einspielung kam. Fandango Inspiración ist unter der EAN 0719279934168 beim Label Perfect Noise erschienen. Seit dem 6. Juni 2025 gibt es die CD im Handel. Ich meine: ein ganz heißer (Geschenk-)Tipp für den Sommer!
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