Frank Trende (Hrsg.) – Heinrich von Zütphen. Reformationsmärtyrer in der Bauernrepublik Dithmarschen
Jubiläen sind eine gute Gelegenheit, Vergangenes wieder in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. Besonders dann, wenn es um die Biografie eines weitestgehend Unbekannten geht. Heinrich von Zütphen, eigentlich Heinrich Gelrie, wurde 1488 in Zutphen/Niederlande geboren. Er gilt als einer der ersten vorprotestantischen Reformatoren, die ihr Engagement mit dem Leben bezahlen mussten. Am 10. Dezember 1524 wurde er in Heide ermordet.
Frank Trende, der in der Literatur zum Thema Schleswig-Holstein einen guten Namen hat, bewegt sich in seinem neuesten Buch als Herausgeber und Autor auf den Spuren Heinrichs. Er versucht, uns nicht nur dessen Vita nahezubringen, sondern auch die Reaktionen auf dieses kurze Leben. Meine Empfehlung: Beginnen sollte man direkt mit den Kapiteln, die sich zum einen mit der Biografie Zütphens beschäftigen, also zunächst ab Seite 21 und anschließend das mit „Erinnern“ gekennzeichnete Folgekapitel lesen.
Heinrich Zütphen wählt in seiner Jugend die Kongregation der Augustiner-Eremiten und schreibt sich 1508 in Wittenberg als Student ein. Dort wird er zum Freund Martin Luthers. Nach Stationen in Dordrecht als Prior und erneut in Wittenberg geht er als Verteidiger evangelischer Brüder nach Antwerpen und entgeht nur knapp der Verbrennung als Ketzer.
Er flieht nach Bremen und predigt das, was der Erzbischof dort vergeblich zu verhindern sucht. Dann geht er auf ein Angebot eines Freundes, des Kirchherrn Boie aus Meldorf, ein, der ihn bittet, in Dithmarschen das Evangelium zu verkündigen. Er hat damit vor Ort großen Erfolg.
Nach Absprache mit dem Erzbischof von Bremen dingt der Prior des dortigen Dominikanerordens Augustinus Torneborch eine Schar von Leuten, die am 9. Dezember 1524 die Pfarre in Meldorf überfallen, Boie misshandeln und Zütphen nach Heide verschleppen. Dort wurde er erschlagen und danach ins Feuer geworfen.
Entscheidend ist, dass Martin Luther in Wittenberg sehr schnell vom Ende seines Freundes erfährt und unmittelbar eine viel beachtete Schrift verfasst: „Historie vom Bruder Heinrich, in Dithmarschen verbrannt“. Darin nutzt er das Ende Zütphens für die Ziele der Reformation. Diese Schrift, die sich wie ein Lauffeuer in Deutschland verbreitet und auch auf Plattdeutsch erscheint, ist ein Meilenstein der Publizistik der Damalszeit.
Und sie regt zahlreiche andere an, das Thema auf ihre Art gerade in Jubiläumsjahren aufzugreifen: Klaus Groth verfasste um 1856 eine Ballade über Heinrich Zütphen „op Platt“, Claus Harms, berühmter Theologe aus Kiel, schrieb um 1818 ebenfalls in plattdeutscher Sprache ein ganzes Büchlein, „Den Bloottüügen för unsen Glauben, Henrik van Zütphen sin sak“. Max Thedens verfasste 1924 ein dramatisches Gedicht in fünf Aufzügen. Auch in der bildenden Kunst findet das Thema seinen Ausdruck; zahlreiche Maler versuchten, das Martyrium Zütphens in Bilder umzusetzen. Diese Bilder hat der Verlag ansprechend in den Text eingebaut.
Geschickt führt uns Trende durch die Rezeption dieses brutalen theologisch-politischen Mordes. Dabei verweist er auf die kulturellen Ereignisse, die sich zu den früheren Jubiläen zugetragen haben. So gewinnt der Leser einen Eindruck vom kurzen Leben dieses Märtyrers in der Bauernrepublik Dithmarschen und kann die Texte, die zu diesem Thema später publiziert wurden, genau einordnen.
Ist Heinrich von Zütphen also ein „Reformator Dithmarschens“? So die Frage des Propstes Dr. Andreas Crystal. Wer dieses ausgesprochen gut gemachte und liebevoll ausgestattete Buch aus dem Verlag Boyens in die Hand nimmt, findet auf 135 Seiten ganz sicher eine Antwort auf diese Frage.
Der Buchtitel trägt die EAN 978-3-8042-1581-8, kostet 18 Euro und ist eine große Bereicherung für alle diejenigen, die sich für die Reformation im Kontext der Landesgeschichte Schleswig-Holsteins interessieren.
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