Iris Kalden Tilman Riemenschneider

Iris Kalden-Rosenfeld und Jörg Rosenfeld – Tilman Riemenschneider und seine Werkstatt

 

Während der Lektüre von Michael Baxandells „Kunst der Bildschnitzer“ habe ich Tilman Riemenschneider kennen und schätzen gelernt. Mit einer Neuauflage von dessen Biografie, erschienen 2019 in der Reihe der „Blauen Bücher“ im Langewiesche Verlag, konnte ich eine Reise nach Würzburg für August 2024 vorplanen.

 

Das Buch ist in allem ein Juwel: Nach der kundigen, auch den aktuellen Forschungsstand referierenden Einführung folgt zu Beginn eine kurze Vita Riemenschneiders. Der Ende des 15. Jahrhunderts nach Würzburg Zugezogene erhielt nach kurzer Zeit Bürgerrecht, gründete dort eine Werkstatt, heiratete mehrfach vorteilhaft und brachte es sogar zum Bürgermeister.

 

Und fiel dann tief, weil er in den Bauernkriegen um 1525 – wie andere einflussreiche Bürger auch – die Partei der Bauern unterstützte. Nachdem die Truppen des Fürstbischofs Konrad II. von Thüringen jedoch die Bauern besiegt und die Stadt erobert hatten, wurde Riemenschneider eingekerkert, gefoltert und mit einem Berufsverbot belegt.

 

Iris Kalden-Rosenfeld gliedert den Buchinhalt chronologisch nach der Entstehung der verschiedenen Riemenschneider zugeschriebenen Artefakte. Bei aller Genauigkeit der Darstellung und dem Aufzeigen der Forschungsdiskussion gelingt es ihr, die Materie sprachlich verständlich dazustellen. Hervorragende schwarz-weiße und farbige Abbildungen helfen dem Leser, das Ganze gut in die Kunstgeschichte einzuordnen.

 

Von den frühen Arbeiten des Meisters, z. B. das Wiblinger Retabel, bis zum Marienretabel in Creglingen, dem wohl berühmtesten Werk aus der Spätphase des Schnitzers, verbindet die Autorin geschickt das Dargestellte mit seinen Voraussetzungen, Riemenschneiders Vorbildern in der Malerei dieser Zeit. Ganz gleichgültig, ob das so Erschaffene aus Stein, Edelstein oder Holz gefertigt wurde, es entsteht eine dichte Beschreibung, die auch die Frage nach dem Selbstverständnis Riemenschneiders nicht außen vor lässt.

 

Auch wird diskutiert, was Riemenschneider im Rahmen seiner Werkstatt selbst oder mithilfe anderer geschaffen hat. Dabei geht Kalden-Rosenfeld ausführlich auf die Frage nach der Fassung der Figuren und nach der großen Neuerung der Schnitzkunst ein, die sich nicht nur aus Kostengründen von der damals üblichen kunstvollen Bemalung löste und damit den Figuren eine bis dahin unbekannte Autonomie verleiht.

 

Muss ich hinzufügen, dass dieser Band über einen hervorragenden wissenschaftlichen Apparat verfügt? Es ist alles angegeben, was zur Vertiefung des Stoffes dienen könnte. Besonders gefreut habe ich mich über eine Übersichtskarte mit den „Fundstellen“ Riemenschneider’scher Kunst im Großraum um Würzburg herum auf dem Nachsatzpapier dieses mit viel Liebe gestalteten Hardcoverbändchens, das mit einem Verkaufspreis von 14,80 Euro das Portemonnaie des interessierten Lesers schont.

 

Iris Kalden-Rosenfeld: Tilman Riemenschneider und seine Werkstatt. Mit einem Katalog der allgemein als Arbeiten Riemenschneiders und seiner Werkstatt akzeptierten Werke.

 

Erschienen im Verlag Karl Robert Langewiesche, Nachfolger Hans Köster Verlagsbuchhandlung KG unter der ISBN 3-7845-3227-1.

 

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