Meine kleine Nachtmusik - Ludwig van Beethoven - Elegischer Gesang

Bildnis der Gräfin Jospehine von Brunswik

Was kann die Musica nicht alles: aufheitern, erlösen, beruhigen, beflügeln, aufhellen, ordnen, tanzen, schwingen, ermuntern, trösten, unterhalten, erziehen, öffnen. Kleinere Musikstücke in sehr subjektiver Auswahl sollen einmal pro Monat Appetit machen auf etwas Wunderbares aus der großen Welt der Töne. Vielleicht ebnet das Anhören sogar den Weg zum Komponisten und dessen Œuvre?

 

Wir kennen ihn als Musikgiganten: Mit seinen Sinfonien, mit seinen Messen, mit seiner Klaviermusik und mit den Streichquartetten hat Ludwig van Beethoven nicht nur die Musikwelt seiner Zeit geprägt. Wenn ich diesmal ein kleineres, relativ unbekanntes Stück von ihm herausgesucht habe, dann um zu zeigen, wie geschickt Beethoven Tod, Leid und Entsagung in Töne fassen konnte und dass das Umfeld des Komponisten durchaus auch Einfluss auf seine Stücke hatte.

 

Entstanden 1814 für Streichquartett und vier gemischte Stimmen, wird dieses Stück selten aufgeführt. Der äußere Anlass ist der Tod der Ehefrau eines Gönners, des Barons Johann Baptist Pasqualati von Osterberg. Beethoven benutzt dabei einen Text von Friedrich Haug. Allerdings vertont er nur Teile der zweiten und dritten Strophe:

 

Sanft, wie du lebtest, hast du vollendet, zu heilig für den Schmerz!

 

 

 

Kein Auge wein’ ob des himmlischen Geistes Heimkehr.

 

 

 

Sanft, sanft wie du lebtest, hast du vollendet.

 

 

 

Für die Fragestellung hilft es, einen Blick auf das Leben Beethovens in dieser Zeit zu werfen. Die Beziehung zur „unsterblichen Geliebten“ – war es tatsächlich Josephine von Brunsvik? – bleibt schwierig. Immer deutlicher zeigte sich der Standesunterschied: hier die Gräfin, dort der Bürger. Wir wissen nicht, ob diese Liebe so platonisch blieb, wie Josephine das von Beethoven einforderte.

 

Ab 1813 verschlechterte sich seine gesundheitliche Situation immer mehr. Besonders erschwerend machte sich die zunehmende Taubheit bemerkbar. Kann man ermessen, was ein solch ein Hörverlust für einen Musiker bedeutet? Beethoven, der selber Zeit seines Lebens ein ausgesprochen brillanter Klavierspieler und Dirigent war, tritt jetzt als Solist nicht mehr auf. Seine 9. Sinfonie kann er selbst schon nicht mehr hören. Diese und die nicht vollendete 10. Sinfonie entstehen also nur noch im Kopf.

 

Der Komponist zieht sich zunehmend aus der Öffentlichkeit zurück, flüchtet in den Alkohol. So beschreibt es die akribisch recherchierte Biografie des Niederländers Jan Caeyers. Beethoven ändert noch einmal seinen Musikstil. Die letzten Werke werden schroffer und beschreiben aber auch die zunehmend einsam resignierte Position des Dichters. Kann man das alles im Elegischen Gesang bereits in Ansätzen hören? Ich glaube ja – aber entscheiden Sie doch selbst!

 

Als Hörbeispiel habe ich eine Aufnahme aus der Zeit der Pandemie gewählt. Es singt der Kammerchor der Universität Washington, begleitet von einem Teil des dortigen Sinfonieorchesters.

 

https://youtu.be/qAKwysEleNE?si=qOu0jsBolNnYQPXs

 

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