Philippe Grisvard – Berlin Harpsichord Concertos
Ensemble Diderot, Leitung Johannes Pramsohler
Manchmal ist es von Vorteil, sich auf etwas einzulassen, was man nicht kennt: Hier sind es Cembalokonzerte von Christoph Nichelmann, Carl Heinrich Graun, Christoph Schaffrath und Ernst Wilhelm Wolf, die nun im Jahr 2024 als CD erscheinen. Graun und Nichelman waren mir vom Namen her bekannt, Ersterer natürlich durch sein Oratorium „Der Tod Jesu“.
Tatsächlich brachte der Beginn der Regierung Friedrichs II. eine Kehrtwende in der Kunst am königlichen Hof. Plötzlich öffneten sich die in dieser Zeit die Residenzschlösser in Preußen für die Musiker eines neuen galanten Stils. Die Berufung Carl Philipp Emanuel Bachs an den friderizianischen Hof ist ein gutes Beispiel für diese neue Phase der Musikgeschichte.
Die Gattung „Cembalokonzert“ ist eigentlich ohne ihn schwer denkbar. Dennoch verzichten die Musiker um Philippe Grisvard bewusst auf Stücke von ihm. Stattdessen wagen sie sich mit vier Weltersteinspielungen auf unbekanntes Gelände, das vom großen Vorbild Johann Sebastian Bach dominiert wird, aber eben auch von neuen musikalischen Entwicklungen, die auf den „liebliche-sanften“ Stil zuführen.
Aus dieser „Berliner Schule“ ragt natürlich Graun als preußischer Kapellmeister heraus, bekannt durch zahlreiche Bühnenwerke. Weitaus weniger bekannt ist Nichelman, ein Schüler der Thomasschule in Leipzig, der dort als Diskant in Bachs Kantatenaufführungen auftrat und viel später am Hof Friedrichs II. zweiter Cembalist wurde.
Schaffrath aus Hohnstein bei Dresden gehörte der kleinen Kapelle an, die Friedrich II. als Kronprinz gründete. Später arbeitete er für Prinzessin Anna Amalia. Ernst Wilhelm Wolf stammt aus Gotha und war Schüler des dortigen Kapellmeisters Gottfried Heinrich Stölzel, später stark beeinflusst durch Georg Benda.
Hinreißend ist der Klang, den Philippe Grisvard am Cembalo und seine Mitmusizierenden erzeugen. Alle Töne werden erst genommen und es wird frisch und gemäß den Regeln der historisch informierten Aufführungspraxis musiziert. Wie sich die Musiker dieses Sextetts dabei die Bälle zuspielen, ist eine große Freude. Große Kunst, meisterhaft dargeboten mit einer Leichtigkeit, die ungewöhnlich erscheint. Was für ein Hörvergnügen!
Eine weiteres Vergnügen ist das ausführliche und wie immer liebevoll gestaltete Booklet, das ein Markenzeichen des kleinen, aber feinen Labels Audax Records ist. So erhält der ausführliche Kommentar von Peter Wollny, ergänzt durch Anmerkungen von Phillip Grisvard, einen würdigen Rahmen.
Die unter der Nummer 3760341112110 bei Audax Records erschienene CD ist ein kleines Juwel, dem ich ganz viele Hörer wünsche. Ab dem 7. Juni 2024 ist das Album im Handel erhältlich.
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