Zu Besuch im Heimatmuseum der Ostdeutschen Landsmannschaften in Schleswig

Eingangsbereich des Heimatmuseums der ostdeutschen Landmannschaften
Eingangsbereich des Heimatmuseums der ostdeutschen Landmannschaften

Das „Präsidentenkloster“ ist eines der markanten Bauwerke Schleswigs. Gestiftet wurde es 1656 vom damaligen Gottorfer Kanzler Johann Kielmann von Kielmannseck als Armenhaus für zehn alte und kranke Menschen.

 

Heute beherbergt es im Stadtweg 57 das Museum für Outsiderkunst und seit 1979 das Ostdeutsche Heimatmuseum. Dessen Außenwerbung beschränkt sich auf ein kleines Schild an der Tür. Der Internetauftritt des Museumsverbandes Schleswig-Holstein und Hamburg e. V. ist ebenfalls knapp gehalten. Aber ich habe Glück: Eine Handynummer führt zum Vorsitzenden Hans-Peter Arp. Ihm verdanke ich eine außerplanmäßige Führung und einen offenen Dialog in den Räumen des Museums.

Neben einem kleinen Raum für Informationen gleich links gibt eine ebenso kleine Teeküche, an die sich ein Flur anschließt, der zu den Räumen mit den eigentlichen Exponaten führt. Der durch ein Podest halbseitig erhöhte erste Raum rechts umfasst die Ausstellung zum Thema Pommern, auf die ein zweiter Raum zum Thema Mecklenburg folgt. Auf der anderen Seite des Flures befinden sich zwei weitere Räume, die Ostpreußen, Westpreußen und Danzig zum Thema haben. Daneben liegt der Raum für Schlesien und das Sudetenland.

 

Mein Führer ist ein freundlicher Mittsiebziger, der seine Worte klug wägt, als er mir den Zweck des Museums erläutert. Die Sammlung soll „Einblicke in den Tagesablauf, das Lebensgefühl , die Kultur und das Brauchtum der Menschen in Ost- und Mitteldeutschland vor 1945 geben.“ Die Thematisierung der menschlichen Katastrophen in der Folge von Krieg, Flucht und Vertreibung werden als Mahnung zu Frieden, Toleranz und Mitmenschlichkeit verstanden. Träger des Museums ist der Kreisverband der vertriebenen Deutschen.

 

Puppe in schlesischer Tracht
Puppe in schlesischer Tracht

Da mein Vater aus dem früheren Bromberg – heute Bydgoszcz/Polen – kommt, interessiere ich mich natürlich besonders für die Ostpreußenstube. Dominant das Modell eines Kurenkahns, eines Bootes, das durch einen geringen Tiefgang die Hafffischerei ermöglichte. Wie in jedem Raum gab es auch hier eine speziell gekleidete Puppe: das Modell einer jungen Frau in ermländischer Tracht. Trachten sind bekanntlich Festtagskleidung, die durchaus nicht nur zum Schmuck dient, sondern besonders früher eindeutigen Signalcharakter besaß. Beispielsweise verriet die Farbe der Strümpfe darüber, ob eine junge Frau ledig oder verheiratet war. Ob man also, wie Arp formulierte, bei ihr „landen“ konnte.

 

In jedem Raum stehen Vitrinen mit ganz unterschiedlichen Gegenständen; oft sind es typische agrarische Werkzeuge. Vieles ist beschriftet, manches wird mir erklärt. Neben Schildern, Karten und Dingen des täglichen Bedarfs wie einem Honigfass gibt es zu allen Landschaften entsprechende Literatur, an die ich mich aus meiner Zeit als Buchhändler noch gut erinnern kann. Auf Fragen antwortet Herr Arp zuvorkommend. Ihm liegt besonders die Abteilung Schlesien und Sudetenland am Herzen, denn dort hat er Vorfahren.

 

Zum Ende der Führung hin verlagert sich das Gespräch. Ich erfahre, dass mein Gegenüber in der Zeit seiner Berufstätigkeit als Sozialarbeiter in Sachen Migration, Schwerpunkt Osteuropa, gearbeitet hat. Und dass nun eine jüngere Person gesucht wird, die diesen Erinnerungsort in die Zukunft führen kann und soll. Denn die Räume sind mit Gegenständen, die oft als Schenkung an das Museum gegeben wurden, fast überfrachtet. Dadurch ist die Übersichtlichkeit gefährdet. Vielleicht wäre ja auch ein Mehr an Beschriftung hilfreich. Die Kuratierung wäre jedenfalls ein interessantes Betätigungsfeld für die nächste Generation.

 

Und sicherlich wäre wohl ein Magazin vonnöten, das außerhalb der Ausstellung den einen oder anderen Gegenstand für eine Zeit lang aufnehmen kann. So kämen die verbleibenden Gegenstände auch besser zur Geltung. Themenpräsentationen wären dann eher möglich. Es fehlt einfach neuer Schwung durch die Teilnahme jüngerer, interessierter Menschen.

 

Es lohnt sich, das Museum zu besuchen, denn hier werden Exponate als Teil der deutschen Geschichte aufbewahrt, die auch heute noch unbedingt von Interesse sind, aber leider zunehmend in Vergessenheit geraten. Nach fast zwei Stunden verlasse ich Herrn Arp und das Museum im Stadtweg, aber ich werde ganz bestimmt wiederkommen.

 

Der Museumsleiter ist über Telefon erreichbar unter 0151 2035955. Die neue Saison beginnt am 24. März 2023. Die Öffnungszeiten sind Mittwoch und Freitag in der Zeit von 14.30 bis 17.00 Uhr.

 

 

Geschnitzter Rübezahl
Geschnitzter Rübezahl

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