Jazzclub Englischer Bahnhof am 22. April 2022
Nach Bramsche, Hannover, Berlin und vor Hamburg gaben zwei Jazzmusiker im „Englischen Bahnhof“ in Husum ein Duo-Konzert, das alle, die dabei waren, restlos begeisterte. Eingeladen hatte das Ehepaar Beliaeff, Betreiber des Clubs und durch die „Nordfriesische Metallkunst“ im Norden wohlbekannt.
So bemerkenswert wie das Interieur dieser intimen Location war auch die Musik der beiden Ausnahmemusiker. Philip Catherine, berühmt durch seine Mitwirkung in zahlreichen Jazzformationen von Weltruf, spielte eine wie immer ungeheuer wandlungsfähige Gitarre. Als Sideman von Chet Baker, Tom Harrel, Charles Mingus oder Karla Bley hat er sich zu einem Musiker von Weltruf entwickelt. Und das konnte man auch in diesem Konzert hören. Sein Alter spielte und spielt keine Rolle. Sein Können und seine unaufgeregte Professionalität waren auch an diesem Abend schier unglaublich.
Aber das alles wäre ohne den Zweiten im Bunde nicht dasselbe gewesen: Martin Wind, der den Kontrabass zupfte und strich. Wind, der heute in New York lebt, ist trotz seines jungen Alters ein Musiker, der sich dort und überall einen tollen Ruf erarbeitet hat, unter anderem mit Pat Metheny, John Scofield oder Kenny Barron.
Nach den Gesetzen der Arithmetik sind eins und eins zwei; an diesem Abend war es ein Vielfaches mehr. Und so reihte sich ein Titel glücklich an den anderen, denn Catherine und Wind waren nicht nur angetreten, um Evergreens – wie „Fried bananas“ von Dexter Gordon oder „How deep is the ocean“ von Irivin Berlin – zum Besten zu geben. Sondern beide sind auch durch ihre eigenen Kompositionen hervorgetreten: „L’éternel Desir“ von Catherine oder „Song for D.“ von Wind entwickelten ihren ganz eigenen Charme in einer genialen Mischung aus verhalten-intensivem oder fröhlich-lautem Musizieren.
Das Publikum dankte es ihnen mit nicht enden wollendem Beifall. Könner sind nicht selten arrogant – nicht so Catherine oder Wind. Freundlich und, wenn es sein durfte, auch schalkhaft gingen beide auf die Wünsche des Publikums oder dessen Lautäußerungen ein. Aber es gab dann auch plötzlich ein tiefen Ernst, wenn es um den Trompeter und Flügelhornspieler Ack van Royen ging, der im November 2021 verstorben ist und der noch in einem neueren Projekt der Firma Laika mit Wind und Catherine mit eingebunden war.
Nach einer Zugabe waren beide Musiker gerne bereit, Tonträger zu signieren und mit dem Publikum auf Augenhöhe ins Gespräch zu kommen. Genauso dialogisch, wie zuvor gespielt worden war, ging der Abend also zu Ende.
Zwei CDs empfehle ich all denen, die nicht im Konzert dabei sein konnten:
Philip Chatherine & Martin: Duo Art. Label: Act
Philip Catherine, Martin Wind und Ack van Royen: White noise. Label: Laika
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