Heiner Egge - Winterreise in den Süden

Wer, wenn nicht er, könnte diesen Roman über Klaus Groth schreiben? Über zehn Jahre war Heiner Egge Sekretär der Klaus-Groth-Gesellschaft in Heide; einen Roman über den alternden Groth hat er mit „In der Kajüte“ bereits vorgelegt. Nun schlägt er in „Winterrreise in den Süden“ ein anderes Lebenskapitel des Dichters auf. Thema ist die Liebesgeschichte zwischen Klaus und seiner Frau Doris sowie eine Reise, die das Paar im Herbst des Jahres 1876 nach Mentone an die italienische Riviera unternimmt. Doris ist lungenkrank und verspricht sich eine deutliche Linderung ihrer Leiden durch das mediterrane Klima. Klaus begleitet seine Frau.

 

Aber halt: Wie beginnt dieses kleine Büchlein? Mit einem Exkurs des Erzählers, der sich Voss nennt und der die Reise nach Mentone auf den Spuren des Ehepaares Groth in unseren Tagen nachvollziehen möchte. Voss reist mit den Mitteln des 21. Jahrhunderts, mit den Erkenntnissen über das Œuvre ebenso wie mit den Unterlagen, die er noch studieren möchte, um mehr über Doris und Klaus zu erfahren. Gerade das Tagebuch von Doris Groth hat es ihm angetan. Des Öfteren kommt sie daher später zu Wort.

 

Und dann erfahren wir, wie alles zwischen den Groths begann, wie sich Klaus in die Tochter des Weinhändlers Finke aus Bremen verliebte, wie aus der gemeinsamen Kennenlernzeit in der Kieler Seebadeanstalt eine Ehe wurde. Wie verschieden das Ehepaar Groth war: Die schon nicht mehr ganz junge, eher großbürgerlich-gebildete Doris und der Müllerssohn Klaus Johann, aus einfachen Verhältnissen stammend.

 

Schnell ist klar, dass er zum Müller nicht taugt. Aber der angestrebten Profession – Lehrer an einem Mädchenschule – ist er nicht gewachsen. Groth, der in seinem Leben häufig krank war, zieht sich für mehrere Jahre nach Fehmarn zurück. Dort entsteht der „Quickborn“, die berühmte Gedichtsammlung, durch die Groth fast über Nacht berühmt wird. Aber er bleibt ein eher skeptischer, tiefsinniger, melancholischer Charakter, auch wenn er an die Universität in Kiel zum Professor ehrenhalber ernannt wird.

 

Zwischen all den Episoden, die die Groths in Mentone erleben, kommt der Erzähler mit seinen Jetzt-Erlebnissen zu Wort. Egge montiert diese geschickt mit Gedichten und Prosatexten von Klaus und Tagebucheintragungen von Doris zu einem neuen, durchaus surrealen Geschehen. Dadurch entsteht eine Wortmalerei, ein Prosabild von erstaunlicher Prägnanz, das uns die beiden Groths noch ein Stück näherbringt.  

 

„Die Winterreise in den Süden“ trägt die EAN 978 3 8042 1505 4 und kostet 16,95 Euro. Ein spezielles Dankeschön an den Verlag Boyens, der dieses kleine Juwel zum zweihundertsten Geburtstag von Klaus Groth verlegt und dadurch Tradition und Moderne für uns Leser so vorteilhaft verbindet.

 

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