Dave Pike - Times out of Mind - Ein Nachruf

Dave Pike Times out of mind Ein Nachruf

Er war für mich einer der ganz Großen der Jazzmusik, aber nicht alle haben ihn als solchen wahrgenommen. Am 3. Oktober ist Dave Pike, ein Meister des elektrisch verstärkten Vibraphons, in Del Mar, Kalifornien, im Alter von 77 Jahren gestorben. Nach Kindheit und Jugend in Detroit und ersten musikalischen Erfolgen in San Francisco & New York mit namhaften Musikern wie Gene Russell, Carla Bley und Charlie Haden ging der Autodidakt Pike für ein paar Jahre nach Europa und wurde dort mit dem von ihm gegründeten „Dave Pike Set“, einer Formation um Volker Kriegel, Peter Baumeister und Hans Rettenbacher einem größeren Publikum bekannt.

 

Zu Beginn der Siebzigerjahre kehrte er wieder zurück in die USA; es entstanden wunderschöne Aufnahmen, wie die 1976 aufgenommene LP „Times out of Mind“ beweist. Aufgenommen mit Tom Ranier, Keyboards, Ron Eschete, Guitar, Ted Hawke, Drums, Luther Hughes, Bass, und nicht zu vergessen Kenny Burrell, der auf immerhin drei Titeln die Gitarre spielt, verbindet Pike hier souverän Einflüsse aus Latin-Jazz, Funk und Jazzrock zu einem ausgesprochen gut hörbaren Ganzen.

 

Handwerkliche Präzision, ein schön swingender Grundton und ein immer gut ausbalancierter Gruppenklang auf allen fünf Stücken machen diese Platte für mich zu einem großen Hörgenuss.

Sonderlich erfolgreich war diese Musik allerdings nicht, denn mehrere der in den späten Siebziger- und frühen Achtzigerjahren aufgenommenen Alben, wie z.B. „On a Gentle Note“ oder „Let the Minstrels Play on“ erschienen lediglich im LP-Format und nie auf CD. Michael Naura, der bekannte NDR-Jazz-Papst, bemerkte Anfang der achtziger Jahre in einer Sendung einmal am Rande, dass (selbst) ein Dave Pike in den USA nur noch als Angestellter einer Würstchenbude über die Runden komme, so schwierig war das Geschäft für Jazzmusiker zu dieser Zeit jenseits des großen Teiches.

 

Ich hatte Glück: 2005 erlebte ich das New Dave Pike Set feat. Michael Sagmeister mit dem Christoph Spendel Trio im Quasimodo beim Jazzfest Berlin – ein ausgesprochen kurzweiliger schöner Abend. Ich bedaure, dass die Jazzwelt nunmehr ohne diesen „Minstrel des Vibraphons“ auskommen muss.

Einen interessanten Eindruck vom Leben und der musikalischen Entwicklung von Pike vermittelt ein Kapitel in dem schönen Buch „American Jazz Heroes“ (Besuche bei 50 Jazz-Legenden) von Arne Reimer, das 2013 im Jazz thing Verlag erschienen ist und auch eine gute Diskografie enthält.

 

„Times out of Mind“, 1991 auf CD veröffentlicht, ist nur noch äußerst schwierig zu erwerben, denn das kleine, aber feine Label „Muse" aus New York, auf dem die LP ursprünglich 1976 erschien, gibt es seit 1995 nicht mehr.

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