Navid Kermani- Ausnahmezustand 

In zehn Kapiteln entführt uns Navid Kermani aus unser bekannten mitteleuropäischen Welt in eine andere: nach Kaschmir, nach Indien, nach Pakistan, nach Afghanistan, in den Iran, aber auch in die Länder, die uns näher liegen, nämlich Syrien, Ägypten, Palästina und Italien. Wir können eine Menge lernen: dass es Paradiese gibt, die große Mächte zu Wüsten werden lassen, wie im Kaschmir; wie in Indien der Protest der Landlosen gegen die Regierung formuliert wird; wie in Afghanistan ein moderner Bürgerkrieg funktioniert und Besatzer und Besetzte beide ruiniert; wie und mit wievielen Risiken demokratischer Ausdruck in Teheran verbunden ist; wie kompliziert die Bürgerkriegssituation in Syrien sich gestaltet und wie die Hoffnung im nahen Osten auf eine gerechte Lösung zwischen Palästinensern und Israelis langsam stirbt; wie in Italien das Los der vielen "Boatpeople" ,der Flüchtlinge aus Afrika, eine Insel, nämlich Lampedusa, verändert.

 

Kermani hütet sich vor schnellen Urteilen: er befragt die Mächtigen und läßt die Ohnmächtigen zu Wort kommen. Die komplexe Struktur vieler Konflikte und deren Widerhall bei den beteiligten Menschen wird deutlich. Durch eine präzise und trotzdem poetische Sprache gibt er vielen eher einfachen Menschen, die in das Räderwerk der Politik geraten, die Würde zurück und informiert uns Leser umfassend. Ein sprachmächtiges Buch zur Situation in den Regionen unser "beunruhigten Welt", spannend und prall voller Informationen: eins der wohl wichtigsten politischen Sachbücher im ersten Halbjahr 2013.

Wie schön, dass Beck jetzt eine Sonderausgabe zum Preis von 16,95 Euro herausgibt: denn der Autor wird im Herbst 2015 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten.

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